SONDERGALERIE AMATEURFOTOGRAF HANS NOVACZEK  
     
  Auf den Spuren des Italienischen Alpenwalles
     
  Bunker in Friaul
     
     
  Sperre »Cherso«
PASSO MONTE CROCE CARNICO / PLÖCKENPASS
 
     
     
     Rundgang (1. Besuch)        Bunkerbesichtigung (2.Besuch)          Werk 2       Außenerkundung Werk 3 (3. Besuch)  
     
     
 

EINLEITUNG UND UPDATE
Die Existenz dieses Bauwerkes war mir schon seit einiger Zeit bekannt. Am 6. Juni 2023 erkundete ich erstmals diese Anlage auf der italienischen Seite des Plöckenpasses.

Aufgrund eines Informationsaushanges beim Kasernenblock, vereinbarte ich danach für Mitte Juli eine Besichtigung1) des Bunkers »Cherso«. Hierbei erfuhr ich weitere Details über diese Sperrgruppe, was letztlich zu einem dritten Besuch zum Werk 3 am 29. Juli 2023 führte.

Ich habe im August 2023 diese Seite komplett überarbeitet und kann nun einige zusätzliche Informationen dazu geben:

DIE PASSSTRASSE
Der Plöckenpass war bereits zur Römerzeit ein frequentierter Weg über die Berge. Heute noch sind Abschnitte der alten Trasse als Römerstraße bzw. Strada Romana gekennzeichnet und als Wanderwege begehbar. Auch in darauf folgenden Jahrhunderten wurde die Straße weiterhin als Handelsweg genutzt.

1902-1910 wurde die österreichische Seite von der k.u.k. Armee als fahrbare (Militär-)Straße ausgebaut. Diese dient noch im Großteil ihres Verlaufes dem heutigen Straßenverkehr. An der Staatsgrenze steht dieser Gedenkstein mit folgender Inschrift:

 
     
 

IN MEMORIAM

DER WEG VON MAUTHEN BIS ZUR REICHSGRENZE
AUF DEN PLÖCKENPASS WURDE IN DEN JAHREN
1902 BIS 1910 VON ÖSTERREICHISCHEN SOLDATEN
DER VILLACHER PIONIERKOMPANIE TRUPPEN -
PIONIEREN DER 6. 25. UND 28 JNFANTERIEDIVISION
DANN DER 13. UND 22 LANDWEHRJNFANTERIE -
DIVISION FÜR SCHWERES FUHRWERK ERBAUT.
MÖGE ER DEM FRIEDLICHEN VERKEHRE DER
NACHBARLÄNDER DIENEN.
GEARB.V.HAUF.U.WRESCH         BAUL.PION.HAUPTM.K.MÜLLER

 
     
 

GESCHICHTLICHES
Napoleonische Truppen wählten in ihren Feldzügen Anfang des 19. Jahrhunderts ebenfalls diese Route. Die Defensionskaserne bei der Maschinengewehrnase stammt aus dieser Zeit.
Heiß umkämpft war der Pass im Ersten Weltkrieg mit den angrenzenden Höhen Cellon und Kleiner Pal ab 1915. Siehe auch meine früheren Erkundungen hier... und hier...

Nach dem Ersten Weltkrieg - etwa Ende der 1920er-Jahre -  begannen die Italiener mit der Errichtung des Valle Alpino Litoriale2) unter dem Duce Benito Mussolini. Da die Nordgrenze durch Berge quasi gesichert war, lag der Schwerpunkt bei der Sicherung von Pässen und Taldurchgängen.
Eine dieser Sperrgruppen war die Sperre Cherso am Plöckenpass. Ursprünglich in der Zwischenkriegszeit ab 1938 errichtet, stand sie im Kalten Krieg von 1952-1992 im Rahmen der NATO in Verwendung. Die in Werk 1 integrierte Gewehrgalerie stammt allerdings noch aus dem Ersten Weltkrieg.

 
     
   
     
  GPS
Die Koordinaten beziehen sich auf den Unteren Werkeingang [2].
 N 46°36.1629  E 12°56.3074
 
     
  SBARRAMENTO CHERSO SUL PASSO MONTE CROCE CARNICO
wie die Sperre auf italienisch heißt, bestand aus drei verbunkerten Werken: Opera No. 1 mit dem außen am Fuße des Cellon liegenden Kasernenblock. Opera No. 2, quasi die Gegenhangstellung in der Felswand oberhalb des Alpiniweges zum kleinen Pal, etwa auf Höhe der Ruine das ehemaligen Albergo (Gasthaus). Opera No. 3 liegt in einem kleinen Hügel etwas südlich in der Nähe der Malga Colinetta di sotto (Untere Colinetta Alm). Dazu zwei verbunkerte und ausfahrbare Panzersperren über die Straße. Nicht zu vergessen eine monumentale Inschrift im Felsen oberhalb des Grenzüberganges, auf der Benito Mussolini und König Viktor Emanuel „verewigt“ wurden...

Die Sperre Cherso wirkte gegen Norden, also Österreich, von wo ein Vorstoß der Truppen des Deutschen Reiches und später des Warschauer Paktes angenommen wurde.

 
     
 

***

 
  Cherso Werk 1

1. BESUCH - KASERNENBLOCK
6. Juni 2023
 
     

Neben dem Parkplatz auf der Passhöhe befinden sich zwei Kavernen für die versteckten und ausfahrbaren Panzersperren.
Der Aufstieg rechts führt heute ins nirgendwo...

     
 

Am Beginn der Italienischen Passstraße (S.S.52bis) befindet sich eine kleine Kaverne, die im Inneren im weiteren Verlauf zubetoniert ist.
Rechts davon noch ein getarnter Zugang. Man gelangt von hier vermutlich in die Kaverne für die Panzersperre.

 
     
 

Dem Wanderweg „Traversata Carnica“ kurz folgend erreichen wir einen Fußweg der zu einem Eingang in den Bunker nächst Stellung für die Panzerabwehrkanone [1].

 
     
 

Der gut erkennbaren Werkstraße [7] folgend, erreichen wir nach wenigen Minuten den Werkeingang [2]:

 
     
 

 
     
  Da ich grundsätzlich Kund gemachte Betretungsverbote beachte, gibt es im Folgenden einige Fotos, die vom öffentlich begehbaren Weg gemacht wurden:  
     
 

Wachposten [5] neben dem Werkeingang

 
     
 

Dem schmalen Wanderweg folgend erreichen wir wieder eine befestigte Straße [8], die zu einem weiteren Eingang [2] führt.

Hier einer der Einstiege der Wasserversorgung

 
     
   
     
 

Bildausschnitt auf den Kasernenblock. Beachtenswert der kegelförmige Beobachterstand links oben am Verdeck.

 
     
 

Nicht zuordbares Betonfragment, vielleicht Fundament einer kleinen Materialseilbahn?

 
     
 

 
       
 

Gemauerte 2-Mann-Deckung [6]

Fußweg zum Bunkereingang [1]

 
     
  2. BESUCH - WERKBESICHTIGUNG
15. Juli 2023
 
     
 

Nebengebäude des Kasernenblocks.
So ähnlich sah vermutlich das nur mehr rudimentär vorhandene Gebäude [G] bei Werk 3 auch aus (siehe weiter unten...)

 
     
 

Äußerer Zugang zum Elektro-Schaltraum

 
     
 

 
       
 

Mit „Pappmaschee-Beton“ getarnter Eingangsbereich

Äußere Ansicht des Beobachterstandes

 
     
   
     
 

Werkeingang von Innen. Der Stahlvorbau nennt sich Porta Garitta und ist für die Nahverteidigung mit leichtem MG vorgesehen.

 
     
 

 
       
  Aufstieg zum Schaltraum Abgang zum Mannschaftsbereich  
     
  WEGWEISER
Einzelnes Pictogramm: Kaponniere für Nahverteidigung. Von links oben nach rechts unten: Kommando für drei Posten, Funkstation, Mannschaftsraum, Sanitätsstation, Munitionsdepot, MG 1, MG 2, PaK 1

 
     
 

Funkstation (neben dem Kommandanten gelegen)

Mannschaftsraum

MG-Stand 1 (oben) und MG-Stand 2 (unten)

 
     
 

Die Gewehrgalerie stammt noch aus dem Ersten Weltkrieg.
Foto unten:
Ausgang Gewehrgalerie

 
     
 

Verbindungspoterne

Posten für die Panzer-Abwehrkanone [P1]

Hier geht es zum unteren Bunkereingang [1] ...

 
     
  AUSSENRUNDGANG  
     
 

MG-Kaverne 1 (oben) und 2 (unten)

Die alte Gewehrgalerie (oben) und der  Ausgang (unten)

BLICK AUF DEN GEGENHANG
Oberhalb der Ruine des Gasthauses sehen wir die MG-Kaverne von Werk 2 [M3] und links oben im Fels die monumentale Inschriftentafel:

 
     
 

***

 
     
  Cherso Werk 2

1. BESUCH - RUNDGANG
Natürlich entdeckte ich den Eingang zu Werk 2 bei meinem ersten Besuch eher zufällig. Eigentlich wollte ich die Ruine des Albergo [A] oberhalb des Parkplatzes in Augenschein nehmen und ein paar Lost-Place-Fotos machen. Doch die Überreste sind nicht ohne Beinbruchgefahr erreichbar, da sie von großen, überwucherten Felsbrocken umgeben sind...
 
     
 

Am Hang gegenüber sehen wir links vom Albergo die Gewehrgalerie [4] und am Bild oben Mitte noch den Beobachterstand.

 
     
 

Neben dem „Alpiniweg“ Nr. 401 sehen wir noch ein Betonfragment sowie den Eingang ins Werk 2 [9].

 
     
  3. BESUCH - DETAILAUFNAHMEN
Vor meinem Besuch des Werkes 3 kam ich nochmals hier her, um ein paar Fotos nachzuholen...
 
     
 

 
       
  GPS
Die Koordinaten beziehen sich auf den Eingang (E).
 N 46°36.1105  E 12°56.7076
Hier der in den Plänen mit F.M. (Fucile Mitragliatore) bezeichnete Eingang aus Stahl mit Scharten für leichtes Maschinengewehr zur Nahverteidigung. Diese Bauart finden wir hier in allen drei Werken.  
     
 

Hier nochmals der Blick auf den Haupteingang [E] ins Werk 2.
Rechts noch die Reste des „Pappmaschee-Betons“, mit dem der Eingang getarnt war.

 
     
 

Notausstieg? Was war die Idee für diesen „Erker mit Balkon“? Kleine Plattform und eine Leiter aus Stahlklammern im Fels... [F.M.]

 
     
 

Scharte für Maschinengewehr [M3]

 
     
  INSCHRIFT
Die Italiener lieben das Theatralische. Mussolini tat dies ganz besonders. Auf eine Übersetzung verzichte ich an dieser Stelle, da meine vier Schuljahre Latein schon sehr lange zurück liegen...
 
     
   
     
 

ACERRIMA HIC ITALORIVM VIRTVS
IVIM HOSTIVM TRIENNALI BELLO
MCMXV - MCMXVII PROPVLSAVIT
POSTERIS EXEMPLO
COMMILITONES POSVERVNT
VICTORIO EMMANUELE III REGE
BENITO MUSSOLINI DUCE
A.D. MXMXXIX
FASCES RECEPT

 
     
 

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  Cherso Werk 3

3. BESUCH - AUSSENERKUNDUNG
Besonderheit des Werkes 3 ist, dass hier 2 PaK installiert waren und nur ein MG-Stand. Bei den anderen beiden Werken ist es umgekehrt.
Der (linke) Eingang E ist leicht zu finden. Gleich dahinter, wenn wird den Hang umrunden, finden wir die Geschützscharte der Panzerabwehrkanone Position P4. Für die anderen Eingänge und Scharten ist etwas Forschergeist notwendig.
Den Wachposten F.M. habe ich nicht gefunden. Auch nicht den Beobachterstand BS, obwohl ich ganz oben auf der Kuppe des Hügels war...
 
     
 

 
  GPS
Die Koordinaten beziehen sich auf den (linken) Eingang E.
 N 46°35.9785  E 12°56.4204
Blick von Werk 2 in Richtung Untere Colinetta Alm. Werk 3 liegt direkt links anschließend im bewaldeten Felsvorsprung.  
     
 

Hier der Gegenschuss von Werk 3 mit Blick auf die Kaserne bei Werk 1

 
     
 

Am Weg zum Werk 3 fällt ein weiteres Fragment [g] auf. Da es sich in gerader Linie zum Fragment [f] beim oberen Eingang zum Kasernenblock [3] befindet, vermute ich, dass es hier eine kleine Materialseilbahn gab.

 
     
 

Linker (vorderer) Eingang

Geschützkaverne P4

Gebäuderuine [G]

Rechter (hinterer) Eingang

 
     
 

 
       
 

Detail vom Eingang (Porta Garitta)

 Lüftungsschacht zu den Kavernen P3 und M4

 
     
 

Bei der Suche nach dem Beobachterstand „stolperte“ ich über die beiden anderen Geschützkavernen...

Geschützscharte P3...

... und MG-Scharte M4

 
     
  Der Beobachterstand [BS] offenbarte sich mir, wie erwähnt, leider nicht. Etwa an seiner vermuteten Position gibt es allerdings eine vermutlich ältere Kaverne, die möglicher Weise aus dem Ersten Weltkrieg stammt, und deren Öffnungen Richtung Plöckenpass zeigen...  
     
 

 
     
  Am Endpunkt der Erkundung befindet sich ein kleiner Tümpel, der ein malerisches Fotomotiv mit Blick auf den Cellon bildet:  
     
   
     
  Hier endet die dritte und vorerst letzte Erkundung dieser Sperrgruppe...  
     
 

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FUSSNOTEN
1)   Die Bunkergruppe Cherso wird vom Verein  A.S.S.F.N.E. betreut. Die Aktivitäten des Vereins sind auf Facebook zu finden.
E-Mail: bunkercherso@gmail.com
2)  Auf
WIKIPEDIA finden Sie nähere Beschreibungen des Italienischen Alpenwalles [hier...]. Noch detaillierter ist der Artikel auf der italienisch sprachigen Seite [hier...]. Die Übersetzungsfunktion der meisten Browser liefert mittlerweile ganz brauchbare Ergebnisse.

 
     
  TECHNIK
Nikon D4, Nikkor AF-S 16-35mm/4G VR, Nikkor AF-S 24-120mm/4G VR, Nikkor AF-D 75-300mm/4-5.6, GP-1A
 
     
  FOTOS
vom 1. Besuch am 6. Juni 2023, 2. und 3. Besuch am 15. und 29. Juli 2023
 
     
     
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