SONDERGALERIE AMATEURFOTOGRAF HANS NOVACZEK | |||
Auf den Spuren des Gebirgskrieges 1915-1918 | |||
Kriegsgefangenlager
Sigmundsherberg 1915-1919 |
|||
ÜBERBLICK |
|||
LAGERSKIZZE |
|||
LEGENDE a) ... Verwaltungsgruppe b) ... Ökonomiegruppe c) ... Kontumazgruppe (Quarantäne) d) ... Werkstätten e) ... kgf. Arreste f) ... Lagerfriedhof I.-VII. ... Wohngruppen Nicht maßstäbliche Situationsskizze Grafik: Novaczek © 2016 |
|
||
Fotorundgang |
|||
|
|||
|
|||
Wie bereits in der oberen Beschreibung erwähnt, ist vom Lager nicht mehr viel vorhanden. Trotzdem ist der Rundgang ein interessanter Spaziergang, der mit 5km Länge zirka 1 Stunde und 30 Minuten (inkl. Fotohalte) in Anspruch nimmt. Entlang des „Lagerfriedhofweges Nr. 61“ sind 10 Schautafeln2) aufgestellt von denen die historischen Fotos und die nachfolgenden Texte, auch vom Lagerfriedhof, stammen. Eigene Bildbeschreibungen und Textanmerkungen sind kursiv gehalten. |
|||
VERWALTUNGSGRUPPE [1]
[2] |
|||
Im großen Kommandogebäude waren wichtige Kanzleien (z.B. Evidenz- und Depositenkanzlei) untergebracht. In der Evidenzkanzlei wurde genau Buch geführt über alle Neuzugänge, Abgänge, Arbeitsverwendungen, Todesfälle, etc. In der Depositenkanzlei wurden alle Geldbeträge und Wertgegenstände, die den Gefangenen bei ihrer Ankunft abgenommen wurden, verwaltet. Daneben gab es Baracken für die Post- und Militärbau-Kanzlei, die Proviantur, die Offiziersmesse und Unterkünfte für die österreichischen Offiziere. Die meisten Offiziere bezogen allerdings Privatquartiere in Sigmundsherberg und Rodlingersdorf. Ein herausragendes Merkmal der Verwaltungsgruppe war der Kommandantenturm. Von ihm konnte man das Lager aus einer Höhe von 12 Metern überblicken und auf diese Weise Feuer, Unruhen und Fluchtversuche bemerken. Der Turm befand sich ungefähr an der Stelle der Schautafel [3]. |
|||
|
|||
ÖKONOMIEGRUPPE [3]
Die Bäckerei konnte beinahe den gesamten Brotbedarf des
Lagers abdecken. Weiters befanden sich noch eine Schusterei und eine
Schneiderei in dieser Abteilung. |
|||
Weg entlang der ehemaligen Lagerbahn Richtung Flieger-Arsenal |
|||
UNTERBRINGUNG DER
KRIEGSGEFANGENEN [5] In der Wohngruppe I wurde ab August 1917 die so genannte „Paketsammel- und Sortierstelle“ eingerichtet. Pakete an Kriegsgefangene kamen zuerst nach Sigmundsherberg und wurden von hier in andere Lager und Arbeitsstellen versandt. Im Süden befand sich gegenüber der Wohngruppe I die Kontumazgruppe (Quarantäne). Diese Abteilung sollte das Einschleppen ansteckender Krankheiten verhindern. Alle Neuzugänge mussten diese Gruppe durchlaufen und wurden einer gründlichen Reinigung unterzogen. Erst nach einer Quarantäne wurden die Gefangenen den Wohngruppen zugeteilt. |
|||
Wegkreuzung zwischen den Wohngruppen I, II, IV und V. Blick Richtung Westen.
Wegkreuzung
zwischen den Wohngruppen IV, V, VI und VII. Blick Richtung Osten.
Links des Weges am freien Feld stand die Wachgruppe II, Blick nach Osten in Richtung Wasserturm. |
|||
FLIEGERARSENAL [6] Aus erbeuteten und abgeschossenen Flugzeugen wurden Armaturen ausgebaut und eventuell repariert, danach wurden sie den Luftfahrttruppen zur Verfügung gestellt. Leitungsmaterial, Kabel, Metallsorten, Motorteile, Kleinmaterial, etc. wurden ausgebaut, getrennt und einer Wiederverwertung zugeführt. Durch die gestiegene Materialknappheit in der Monarchie war diese Wiederverwertung unbedingt notwendig. Im Fliegerarsenal, in der Paketsammelstelle, in Küchen, Werkstätten und Kanzleien waren Kriegsgefangene beschäftigt. Viele waren auch zu Arbeiteinsätzen außerhalb des Lagers eingeteilt. Kriegsgefangene, die keine Beschäftigung hatten oder rekonvaleszent waren, machten oft psychische Krisen durch, da sie gedanklich aus dem Lagereinerlei nicht herausfinden konnten. Um hier Abhilfe zu schaffen, wurde für die Gefangenen eine Reihe von Kursen angeboten. Es gab auch ein Orchester und eine Theatergruppe. 4) |
|||
Flieger-Arsenal Blick Richtung Südwesten, Trasse der Lagerbahn.
Ob es sich um einen alten Markierungsstein handelt, weiß ich nicht. Aussehen tut er jedenfalls so... |
|||
WASSERTURM [8] Im Lager selbst wurden ebenfalls Brunnen gegraben, die sich als sehr ergiebig herausstellten. Bei den beiden ergiebigsten Brunnen befanden sich Pumpstationen, die im Tag und Nachtbetrieb das Wasser zu allen Lagerteilen beförderten. Allein diese beiden Tiefbrunnen lieferten täglich eine Million Liter Wasser. |
|||
Anstelle des Hügels steht heute ein Baum... |
|||
Jede einzelne Lagergruppe war mit einem Zaun eingefriedet, und das gesamte Lager war von einem zwei Meter hohen Zaun mit Stacheldraht umgeben. Außerhalb des Zauns patrouillierten Wachposten in einem Abstand von ungefähr 100 bis 150 Schritten. Bei Nacht wurde die doppelte Anzahl eingesetzt. Außerdem wurde der Zaun bei Nacht beleuchtet. |
|||
Standort Brugger Straße zwischen Lagerspital (vormals links vom Weg) und kgf. Offiziersabt. II (vormals rechts vom Weg). Blickrichtung Westen. Die Wege im Lagerfeld entsprechen auch heute noch den Hauptwegen im Lager.
Holzkreuz an der ostseitigen Weggabelung zwischen kgf. Offiziersabt. I (links) und Lagerspital (rechts). |
|||
SPITALSGRUPPE -
OFFIZIERSABTEILUNGEN
[9] |
|||
Standort zwischen Lagerspital (links) und kgf. Offiziersabt. I (rechts), Blick Richtung Osten |
|||
Die Spitalsgruppe hatte eine Belagsfähigkeit von 1739 Betten. Täglich wurden auch durchschnittlich 300 ambulante Behandlungen durchgeführt.
Wegen des starken Zuschubes von italienischen Offizieren
reichte 1916 die Offiziersabteilung nicht mehr aus. Es wurde ein Teil des
Infektionsspitals für gefangene Offiziere umgebaut. So wurde Platz für
weitere 1180 Offiziere geschaffen. Das Offizierslager war das größte im
Militärkommandobereich Wien. |
|||
WACHGRUPPE [10] Das Areal nördlich des Weges gehörte zur Werkstätten-Expositur. Im Lager gab es Werkstätten in verschiedenen Abteilungen. In den Werkstätten wurden nicht nur Gegenstände für das Lager erzeugt und Reparaturen vorgenommen, es wurde auch für Abnehmer außerhalb des Lagers produziert. Die Kriegsgefangenen waren ein unerschöpfliches Reservoir an Arbeitskräften. Viele Gefangene waren zur Arbeit in der Umgebung eingeteilt oder sie wurden in Arbeitspartien zu Arbeiteinsätzen in die ganze Monarchie verschickt. |
|||
Die Lagerfeuerwehr! | |||
Blick vom Standort zwischen Wachgruppe I und Kontumazgruppe Richtung Nordwesten. Das Pumpenhaus neueren Datums steht ungefähr dort, wo sich das Zentralgebäude der Kontumazgruppe befand. Foto unten vom gleichen Standort Richtung Ökonomiegruppe.
|
|||
*** |
|||
LAGERFRIEDHOF Die ersten neun im Lager verstorbenen Gefangenen wurden auf den Friedhöfen von Rodingersdorf und Maigen begraben. Alle übrigen Kriegsgefangenen wurden am Lagerfriedhof beigesetzt. |
|||
Während des ersten Jahres des Bestehens des Kriegsgefangenenlagers waren Todesfälle nicht so häufig. Deshalb wurden die verstorbenen Russen in Einzelgräbern bestattet. Die russischen Gräber waren mit einem zweiarmigen Kreuz versehen, an dem der untere Querbalken schräg von links oben nach rechts unten stand. Auf diesen hölzernen Kreuzen wurde mit weißer Farbe Name, Zugehörigkeit und Alter angebracht. In der Mitte des Friedhofes stand ebenfalls ein großes zweiarmiges russisches Holzkreuz. |
|||
Der Friedhof im Winter. Blick Richtung Norden... |
|||
Ab Sommer
1916 wurden normalerweise mehrere Tote auf einmal zu Grabe getragen. Die
Einzelgräber wurden durch Reihengräber ersetzt. |
|||
|
|||
Im Mai 1917
wurde am Friedhof ein Denkmal errichtet. Es stellt eine Frauenstatue dar und
ist den verstorbenen italienischen Kriegsgefangenen gewidmet. Geschaffen
wurde es von einem italienischen Gefangenen. Die Kosten trugen die
kriegsgefangenen Offiziere. |
|||
|
|||
Im Jahr 1918
legte man die Toten nackt in die Särge, da man wegen des mangels an Kleidern
sparen musste. Die Kleidung der Toten wurde dann weiterverwendet. |
|||
Ab 1950
wurden beinahe jährlich Arbeiten am Friedhof durchgeführt, um ihn vor dem
Verfall zu bewahren. Die Holzkreuze verwitterten aber derart rasch, dass man
sie 1955 durch Steinkreuze ersetzen musste. |
|||
Da wegen der
Grabhügel und der vielen Wege die Pflege des Rasens schwierig war,
verwilderte die Anlage bald. Erst 1974 trat ein entscheidender Wandel ein: |
|||
|
|||
Der Friedhof
ist heute ein moderner Soldatenfriedhof mit einer ebenen Rasenfläche. In der
Kapelle sind die Namen der Toten auf Kupfertafel verewigt.
|
|||
FUSSNOTEN UND WEBLINKS |
|||
1) Der bekannteste
Arbeitseinsatz der italienischen Kriegsgefangenen war der Bau des
Eisenbahnviaduktes zwischen Leopoldau und Jedlersdorf, das - unter der
Bezeichnung „Italienerschleife“ bekannt - im 2. Weltkrieg stark beschädigt,
erst 1994-1999 wieder Instand gesetzt und für einen modernen
Eisenbahnbetrieb reaktiviert wurde. 2) Weiser der Schautafeln: [1] [2] ... [10] 3) Diese Beschreibung darf wohl als anfängliche Absichtserklärung zu verstehen sein und widerspricht sich mit der im Verlauf des Krieges zunehmenden Nahrungs- und Rohstoffknappheit. 4) Manche Beschreibungen vermitteln den Eindruck, dass das Lagerleben hier einem Kuraufenthalt glich. Viele Soldaten an der Front (z.B. hier…) hätten sich so einen „langweiligen“ Aufenthalt vermutlich gewünscht. Was man von Überlebenden aus Kriegsgefangenenlagern des 2. Weltkrieges hört, war es im 1. Weltkrieg hinter der Front vielleicht wirklich noch ein wenig humaner… 5) Auch noch heute ist die Umgebung des Wasserturms als Quellschutzgebiet ausgewiesen. |
|||
https://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsgefangenenlager_Sigmundsherberg http://austria-forum.org/af/AEIOU/Kriegsgefangenenlager_Sigmundsherberg |
|||
Alle Rechte an den Fotografien vorbehalten | www.novaczek.at © 2006-2016 | |||